Erinnerungen

Mit mir Gassi gehen

23.00 Uhr auf dem Werder. Wieder ist so ein unglaubliches Mondscheinen und Stille ringsumher.

Ich bin noch mal um’s Haus, mit mir Gassi gehen.

Gleich am Zolleck zerrede ich mit der Wirtin die Zeit, ein Piccolöchen macht es leichter. Vorm Theater wartet schon eine junge Frau und ihr Freund. Wenngleich es so aussieht aber nein, es ist kein Paar miteinander obwohl sie immer zusammen in die Angel gehen, schon zur Pension Kirschblüte. Auch 2003 haben sie schon gemeinsam Scherben an die Hochzeitswand geklebt. Dabei sehen sie noch so jung aus. Dreißig, vielleicht. An fast jeden Kanon können sie sich erinnern. Wenn’s wieder losgeht kommen sie wieder. Nicht mit ihren jeweiligen Partnern, das ist nicht dasselbe. Nur sie beide, als Freunde eben. Aber lang darf das nicht mehr dauern, sie brauchen das Theater für ihre Freundschaft sagen sie und winken noch.

In den Häusern auf dem Werder wird lautstark geredet, einige sitzen auf den Balkonen der Kälte trotzend, in einem mondänen Haus spielen Männer Tischtennis, drei Frauen begegnen mir noch, alle mit Hund.

Dann bin ich zu Hause und sortiere noch Texte und fürchte mich vorm Fernsehprogramm aber irgendwas muss rauschen, weil der Mond zu groß und die Stille im Raum zu laut ist. Vier Leute sitzen noch in der Bahn.

Oh, am 27.April 1981 hab ich doch geheiratet oder verwechsle ich das jetzt schon. Kalt war´s da auch. Ich im selbst genähten Hochzeitskleid, ohne Jacke, in offener weißer Pferdekutsche von Königsborn bis vor das Rathaus. Ich war zerfroren, die hohen Pumps wollten die Füße nicht mehr tragen und während der Trauung weinten Mütter und Tanten.

Nach der Hochzeit war das Glück nicht mehr von Dauer.

Jetzt ist niemand mehr in der Strassenbahn, N1 Alter Markt, steht dran.

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