Heute merke ich die ersten Effekte dieses abendlichen In-mich-Gehens. Meine Gedanken strukturieren sich, sind nicht mehr so diffus. Seit drei Tagen denke ich über diese „Bundesnotbremse“ nach. Die müsste doch in einem „Bundeszug“ oder „Bundesstraßenbahn“ als Sicherheitsstandard eingebaut sein. Wenn ja, wüsste ich gern, wohin wir fahren. Und jetzt, wo die Bremse los ist, wohin schlingern wir, in welchem Gebüsch landen wir? Was sind die Kollateralschäden? Wie lassen die sich mildern? Oder schreibt man die einfach ab? Sind wir das, die Kulturschaffenden und die, die darüber berichten, die die Theater und Konzerte brauchen, weil sie sonst gar nicht atmen können?
Noch kann ich ja atmen, auch wenn die Luft schon ziemlich dünn ist, und zwar nicht wegen der vierten Etage am Hassel. Ich gehe noch täglich ins Büro in die Keplerstraße. Hätte ich nicht protestiert, wäre mein Büro jetzt auch zwischen dem Küchentisch und dem Herd. Nein, mit einem Musiker im „Berufsverbot“ ist kein gut Homeoffice. Die anderen sind alle ausgeschwärmt. Nur ab und zu schaut mal jemand vorbei. Seit fast zwei Monaten ist unser Team auseinander gerissen. Die Kommunikation funktioniert über „Webex“. Witz und Originalität sind mit dem Web schon ex. Man konzentriert sich auf das Wesentliche und das ist gerade stinklangweilig.
Mein Blick schweift über den leeren Platz da unten. Wann kommen bloß all die Menschen zurück?